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Gewürze und Kräuter


Gewürze zählten zu den kostbarsten Gütern, die ein mittelalterlicher Haushalt für seinen Gebrauch erwarb. Gewürze wie Pfeffer, Zimt, Muskat, Gewürznelken und Ingwer waren allein wegen ihrer langen Transportwege teuer und wurden gewöhnlich nur in wohlhabenden Haushalten verwendet. Pfeffer war unter den verwendeten, von anderen Kontinenten importierten Gewürzen das wichtigste. Nach modernen Schätzungen wurden im Spätmittelalter jährlich etwa 1.000 Tonnen Pfeffer und die gleiche Menge an anderen Gewürzen nach Westeuropa eingeführt. Der Gegenwert dieser Importe entsprach dem des Jahresbedarfs an Getreide für 1,5 Millionen Menschen. Safran nimmt unter den wichtigen mittelalterlichen Gewürzen eine Sonderrolle ein. Das Gewürz, von dem im Mittelalter ein Pfund dem Gegenwert eines Pferdes entsprach, zählte zu den Luxusprodukten, die innerhalb Europas angebaut und nicht aus Asien oder Afrika importiert wurden wie dies für andere, besonders kostbare Gewürze der Fall war. Safran wurde bereits in der Zeit des römischen Reiches in vielen Mittelmeerländern angebaut. In Mitteleuropa setzte es sich als Färbemittel für Speisen und Gewürz erst nach dem kulturellen Austausch mit dem arabischen Raum in Folge der Kreuzzugsbewegung durch und wurde dann auch in Mitteleuropa angebaut.

Andere Gewürze wie die verschiedenen Senfarten, Salbei, Petersilie, Dill, Kümmel, Minze, Fenchel und Anis, die allesamt im europäischen Raum angebaut wurden, waren erheblich preisgünstiger und spielten schichtenunabhängig eine große Rolle bei der Zubereitung von Mahlzeiten. Eine Reihe von im Mittelalter genutzten Gewürzen und Kräutern finden heute vergleichsweise selten in der europäischen Küche Verwendung. Dazu zählen die in Europa wachsenden Gewürzpflanzen Alant, Bärwurz, Beifuß, Bockshornklee, Eberraute, Engelwurz, Kalmus, Knoblauchrauke, Rainfarn, Schabzigerklee und Weinraute sowie die importierten Gewürze Kubebenpfeffer, Macis, Narde, Paradieskörner und Langer Pfeffer.

Nach wie vor ist gelegentlich zu lesen, dass mittelalterliche Köche und Köchinnen Gewürze wie Pfeffer reichlich verwendeten, damit sie den unangenehmen Geschmack verdorbenen Fleisches oder Fisches überdeckten. Die meisten Wissenschaftler, die sich mit der Geschichte der Ernährung beschäftigen, teilen diese Meinung nicht mehr. Eine großzügige Verwendung von teuren, importierten Gewürzen war aus finanziellen Gründen sehr wohlhabenden Haushalten vorbehalten, denen eine große Auswahl an Fleisch und Fisch in guter Qualität zur Verfügung stand. Die Verwendung teurer Gewürze, um den Geschmack verdorbenen Fleischs oder Fischs zu übertünchen, das im Vergleich dazu preisgünstig war, wäre ökonomisch unsinnig gewesen. Inventarlisten mittelalterlicher Haushalte führen zwar regelmäßig große Mengen an Gewürzen auf. So finden sich beispielsweise in den Vorratskammern der französischen Königswitwe Jeanne d’Évreux sechs Pfund Pfeffer, 13,5 Pfund Zimt, fünf Pfund Paradieskörner, 3,5 Pfund Muskatnüsse, 1,25 Pfund Safran, ein halbes Pfund Langer Pfeffer, etwas Muskatblüte und 23,5 Pfund Ingwer aufbewahrt und der Haushalt von Humphrey Stafford, Herzog von Buckingham, verbrauchte zu Beginn des 15. Jahrhunderts nicht weniger als zwei Pfund Gewürze pro Tag. Diese Angaben beziehen sich aber auf Haushalte, die täglich hunderte von Personen verköstigten. Terence Scully, der sich intensiv mit mittelalterlichen Rezepten beschäftigt hat, stellt eher einen sparsamen und bewussten Umgang mit Gewürzen fest. Den wesentlichen Unterschied zu heutigen europäischen Würzgewohnheiten sieht er im reichlichen Gebrauch von Safran und der Verwendung von Zucker in herzhaften Speisen. Kaninchen in Sauce, mit Zucker bestreut oder Hackfleisch, das neben Ingwer und Muskatnuss mit Zucker vermischt und dann mit fein gehackten Zwiebeln serviert wird, wirken im Vergleich zur heutigen europäischen Küche befremdlich. Tim Richardson weist in seiner Geschichte der Süßwaren darauf hin, dass sich ähnliche Gerichte auch auf der Speisekarte eines heutigen libanesischen Restaurant finden ließen.

Fisch und Schalentiere Honig und Zucker